Öffentlicher Dienst: Aus BAT mach TVöD
Übersichtlich, klar und einheitlich soll er sein:
Der neue Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) ist am 9.
Februar in Potsdam
nach zweijährigem Verhandlungsmarathon vereinbart worden.
Ab dem 1. Oktober 2005 gilt der Tarifabschluss und regelt mit 35 Monaten
Laufzeit,
also bis Ende 2007, Einkommen, Arbeitszeit und Urlaubsgelder
für 2,3 Millionen Arbeiter und Angestellte von Bund und Kommunen.
Länder bleiben außen vor
Die 900.000 Arbeiter und Angestellten der Bundesländer sind von den
Regelungen ausgenommen,
da die Länder den Vertrag im März 2004 einseitig gekündigt haben.
Davon betroffen sind unter anderem Polizei, Universitäten, Schulen,
Krankenhäuser
und nicht zuletzt viele Forschungseinrichtungen der Länder.
Klare Linien im Tarifdschungel
Wesentliche Merkmale des neuen Tarifsystems:
Die Unterscheidung Arbeiter und Angestellte wird aufgehoben,
17.000 Eingruppierungsmerkmale werden auf rund 100 zusammengestrichen.
Neu ist auch der Spielraum für individuelle, leistungsbezogene
Bezahlung:
Das Prinzip der automatischen Höherstufung durch Lebensalter wird
abgeschafft.
Bei Arbeitszeiten und Löhnen nähern sich Ost- und Westregelungen weiter
an.
Die Arbeitszeit beträgt einheitlich 39 Wochenstunden.
Im Westen wird dadurch eine halbe Stunde pro Woche länger gearbeitet,
im Osten eine Stunde weniger als bisher.
Die Angleichung der Löhne und Gehälter sollen bis Ende 2007
von derzeit 92,5 Prozent auf 97 Prozent fortschreiten.
Aus Fünf mach Eins
Die Überleitung der mit den Kürzeln BAT, BAT-O, MTArb, MT-Arb-O, BMT-G,
BMT-GO
bezeichneten Tarifverträge zum TVöD wird im Westen und beim Bund von
Einmalzahlungen begleitet. Die Beschäftigten bekommen am 1. April 2005,
am 1. Juli 2005 und am 1. Oktober
jeweils 100 Euro. In den Jahren 2006 und 2007 werden jeweils 150 Euro im
April und Juli fällig. Beschäftigte der kommunalen Arbeitgeber im Osten
bekommen zu diesen Terminen
statt der Einmalzahlungen 1,5 Prozent ihrer Bezüge
zusätzlich ausgezahlt.
Weihnachts- und Urlaubsgeld ab 2007 in einem Paket
Jahressonderzahlungen, also Weihnachts- und Urlaubsgeld, basieren 2005
und 2006
auf der alten Regelung. 2007 werden sie neu festgelegt und nur noch
einmal pro Jahr ausgezahlt: Beschäftigte der neuen Entgeltgruppen 1 bis
8 erhalten dann 90 Prozent,
für die Entgeltgruppe 9-12 gibt es 80 Prozent.
Die bestbezahlten Entgeltgruppen 13-15 bekommen dann noch 60 Prozent
der bisherigen Sonderzahlungen.
Die Beschäftigten im Osten erhalten 75 Prozent des Weihnachts- und
Urlaubsgeldes
ihrer gleichgruppierten Kollegen im Westen.
Neue Niedriglohngruppe und Vergütung nach Leistung
Aus den 49 Lohn- und Vergütungsgruppen der verschiedenen Tarifverträge
werden im TVöD 15 einheitliche Entgeltgruppen.
Um den Trend zum Outsourcing zu stoppen ist eine neue niedrige
Entgeltgruppe vereinbart worden.
Den größten Umbruch im System haben Bund, Kommunen und Gewerkschaften
nach eigener Einschätzung im Bereich der leistungsabhängigen Bezahlung
vereinbart.
Galt bisher die Bezahlung nach Lebensalter mit quasi automatischen
Beförderung,
so genannten Bewährungs- und Zeitaufstiegen mit bis zu 15 Stufen,
wird ab Oktober gemischt nach Berufserfahrung und individueller Leistung
bezahlt.
Es soll sechs Abstufungen nach Alter/Erfahrung innerhalb einer
Entgeltgruppe geben.
In höhere Entgeltgruppen kann lediglich aufsteigen, wer neue Funktionen
übernimmt
oder durch weit überdurchschnittliche Leistungen auffällt.
Der Spielraum für den individuellen Vergütungsanteil steigt an - von
einem Prozent
eines durchschnittlichen Monatslohnes beim Einstieg 2007 bis zu acht
Prozent später. Leitungsfunktionen können auch probeweise (bis zu zwei
Jahre)
und auf Zeit (bis zu zwölf Jahre) vergeben werden.
Flexiblere Arbeitszeiten
Mehr Service und Bedarfsorientierung wollen Bund, Kommunen und
Gewerkschaften
durch flexible Modelle bei der Arbeitszeit erreichen.
Überstunden bis zu 45 Stunden pro Woche dürfen demnach zwischen 6 Uhr
und 20 Uhr
zuschlagsfrei angeordnet werden. Diese Überstunden können in zwei Wochen
statt bisher in einer Woche ausgeglichen werden.
Strukturausgleich und Prinzip der Wippe
Die Entwicklung in den Stufen der TVöD-Entgelttabelle ist nicht mit
der Entwicklung in den BAT-Lebensaltersstufen deckungsgleich. Das
schnellere Wchstum des Entgelts in den „jüngeren Jahren“ muss durch das
langsamere Wachstum in den „älteren Jahren“ kompensiert werden (Prinzip
der Wippe). Dies führt dazu, dass insbesondere bei älteren
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine Überleitung in eine höhere
Stufe der Entgelttabelle erfolgt, die jedoch nicht mehr die gleichen
Möglichkeiten der Vergütungsentwicklung zulässt wie das geltende
Tarifrecht. Um diese negativen Wirkungen ganz oder teilweise
abzumildern, wird ein nicht dynamisierbarer Strukturausgleich gezahlt.
Auf ihn werden jedoch künftige Entgeltanpassungen nicht angerechnet.
Erfolgt eine Höhergruppierung, mindert sich der Strukturausgleich um den
jeweiligen „Höhergruppierungsgewinn“. Er ist somit am ehesten mit einem
erst in der Zukunft wirksam werdenden Besitzstand vergleichbar. Der
Zahlungsbeginn sowie die Höhe und Zahlungsdauer ergeben sich aus einer
gesonderten Anlage zum TVÜ.